Vorstellung des Tierhebegerätes der FF Landshut

Das Tierhebegerät der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Landshut

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Nachdem in den letzten Tagen durch eine am Ende leider tödlich ausgegangene Pferderettung bei Speyer und die darauffolgende Berichterstattung (siehe Link) auch bei uns vermehrt Anfragen zu unserem Tierhebegerät und unserer Arbeitsweise aufgekommen sind, stellen wir dazu hier gerne die wichtigsten Punkte dar.

https://www.propferd.at/main.asp?VID=1&kat1=87&kat2=644&DDate=23012021&NID=7533

Wann kommt unser Tierhebegerät zum Einsatz?

Mit unserem Tierhebegerät können sämtliche Großtiere bis etwa eine Tonne Gewicht aus misslichen Lagen gerettet werden. Dazu zählen in erster Linie die bei uns beheimateten Nutztiere (Pferde, Kühe, usw.).

Woraus genau besteht unser Tierhebegerät?

Unser Tierhebegerät besteht aus mehreren Komponenten. Die Herzstücke bilden dabei unsere beiden Hebegeschirre, der Kettenzug und das „Vierbein“.

Die Hebegeschirre:

Wir verfügen über zwei spezielle Hebegeschirre für Großtiere in unterschiedlichen Größen und Gewichtsklassen. Beide verteilen das Gewicht des Tieres gleichmäßig auf den gesamten Bauchbereich. Ein Einschneiden des Tieres, zum Beispiel durch das Anziehen mit Schläuchen oder Stricken, ist damit ausgeschlossen. Dazu verfügen beide Hebegeschirre über die so wichtigen Bauch- und Hüftgurte, die das Tier beim Anheben gegen ein Rausrutschen bzw. das seitliche Abkippen sichern. Beide Hebegeschirre werden an einer der Geschirrgröße entsprechenden stabilen Traverse eingehängt, die schlussendlich am Kettenzug oder einem anderen Hebegerät eingehängt werden kann. Je nach Größe und Gewicht des Tieres wird das dazu passende Geschirr eingesetzt.

Das Vierbein:

Unser Vierbein besteht aus vier teleskopierbaren Stahlstangen, die rund um das Tier aufgestellt werden können. Durch die mehrstufig ausziehbaren Stützbeine kann die notwendige Höhe (Maximum vier Meter über Boden) an die Gegebenheiten (Raumhöhe, Größe des Tieres, verfügbarer Platz) angepasst werden. Als rutschfeste Unterlage stehen Hartkunststoffplatten mit Ausbuchtung für die Beine zur Verfügung. Es wird zumeist im Inneren von Ställen und Boxen eingesetzt, in welchen die Zufahrt eines motorisierten Hebegerätes (Lader, Drehleiter, Traktor) nicht möglich ist.

Der Kettenzug:

Der Kettenzug kann am Vierbein oder auch an jedem anderen stabilen Fixpunkt angebracht werden. Er kann mehrere Meter ausgezogen werden und verfügt über eine maximale Hebekraft bis zu einer Tonne. Das Auf- und Ablassen erfolgt ohne Kraftaufwand mit einer Kette. Durch die Übersetzung ist auch zentimetergenaues Arbeiten möglich, was gerade dann notwendig ist, wenn das Tier mit seinen Füßen den Boden wieder erreicht.

Zubehör/Ergänzende Ausrüstung:

Die Hauptkomponenten unseres Tierhebegerätes werden noch von einer Vielzahl an weiteren kleinen Gerätschaften und Ausrüstungsgegenständen ergänzt. Dazu zählen zum einen die vier Fußfesseln, die nach Maßgabe eines Tierarztes von einer Fachfirma gefertigt wurden. Weiterhin gehören noch diverse Sicherungs- und Arbeitsleinen, dünne Zugwerkzeuge, Planen, Schlupfe unterschiedlicher Gewichtsklassen, Schäkel und Haken zur Ausstattung. Alle Ausrüstungsgegenstände wurden gemeinsam mit einem erfahrenen Tierarzt zusammengestellt und für unsere Bedürfnisse optimiert.

Wie gehen wir vor?

Eine Großtierrettung wird aus Sicherheitsgründen – gerade bei Pferden – niemals ohne Tierarzt und Besitzer durchgeführt. Wir erkundigen uns daher bereits bei der Anfahrt, ob diese verständigt bzw. schon vor Ort sind. An der Einsatzstelle machen wir uns ein Bild der Lage und besprechen mit dem Tierarzt, den Besitzern des Tieres und den Kräften der örtlich zuständigen Feuerwehr das weitere Vorgehen. Vor allem die Besitzer des Tieres, bzw. wenn diese gerade nicht vor Ort sein können, zumindest die Stallbesitzer sollten sowohl wegen der Einschätzung und Kenntnis des Tieres als auch wegen der Beruhigung durch vertraute Personen immer in der Nähe sein. Während das Vorgehen direkt am Tier in der Regel überall gleich ist (Anlegen des Hebegeschirrs) so variiert die gewählte Variante des Aufhebens anhand der Platzverhältnisse und den Zufahrtsmöglichkeiten. Im Inneren von Ställen oder Gebäuden wird dabei eher das Vierbein eingesetzt, im Freigelände oder in Hallen mit Zufahrtsmöglichkeit wird, wo möglich, ein Teleskoplader, eine Drehleiter, ein Kran oder ein Traktor verwendet. Nachdem alle notwendigen Entscheidungen getroffen worden sind, wird die Ausrüstung in Stellung gebracht und die Aktion beginnt.

Zur Absicherung der eingesetzten Kräfte werden dem Tier zu Beginn mit dem Tierarzt bzw. den Besitzern die Fußfesseln angelegt und mit einer Arbeitsleine verbunden. Dann wird dem Tier so schonend wie möglich das Hebegeschirr angelegt. Das Anlegen des Hebegeschirrs variiert je nach Lage des Tieres. Wenn es die Platzverhältnisse zulassen, wird das Hebegeschirr mit sehr dünnen Zugstangen bzw. stabilen und rutschigen Folienbändern unter dem Tier durchgezogen. Eine weitere – aber definitiv von der Einschätzung des Tierarztes abhängige – Möglichkeit ist noch, das Geschirr halbseitig einzuschlagen und so weit wie möglich unter den Rücken des Pferdes zu schieben. Das betreute und beruhigte Tier wird dann vorsichtig unter Aufsicht des Arztes mit den Hufen nach oben um 180 Grad über den Rücken gedreht, so dass die Hufe dann auf der anderen Seite liegen. Am Rücken des Tieres wird jetzt der eingeschlagene Bereich des Hebegeschirrs sichtbar und zur anderen Seite hin geöffnet. Dabei wird auf eine möglichst gleichmäßige Gewichtsverteilung geachtet. Bei Kühen funktioniert diese Variante wegen deren Anatomie jedoch nicht und ist für diese Tierarten lebensgefährlich. Die Ösen des Geschirrs werden anschließend in der Traverse verhakt. Je nach gewählter Hebeart wird die Traverse entweder im Kettenzug des aufgebauten und gesicherten Vierbeins oder eben via Schlupf an einem motorisierten Hebegerät befestigt. Die Ausrichtung und Vergurtung erfolgt dann, nachdem das Tier minimal angehoben wurde. Um zu vermeiden, dass das Tier aus dem Hebegeschirr rutschen kann, wird auch ein Gurt über die Brust und ein Gurt über das Hinterteil angelegt. Während der ganzen Aktion wird das Tier stets vom Tierarzt beaufsichtigt, der schlussendlich auch das Tempo vorgibt und alle wichtigen Entscheidungen (z. B. wann kann angehoben werden, wann sind die Fußfesseln anzuziehen/loszulassen) trifft. Ist das Tier angehoben, sind zunächst Tierarzt und Besitzer am Zug, um das Tier wieder dazu zu bewegen, aus eigener Kraft auf den Beinen zu stehen. Ist dies erfolgt, bleibt das Tier zur Regeneration und Erholung noch weiter im – dann zwar etwas gelockerten – Hebegeschirr. Dadurch wird sichergestellt, dass das Tier in einer möglichen Schwächephase nicht wieder stürzt. Erst wenn sich das Tier erholt hat und vom Tierarzt Entwarnung gegeben worden ist, wird das Hebegeschirr abgenommen und das Tier kann weggeführt werden.

Wie üben wir?

Großtierrettungen gehören zu den Einsatzlagen, die man immer nur „Schrittweise“ und wirklich niemals am „lebenden Objekt“ beüben kann. Dementsprechend ist unsere Ausbildung sowohl in theoretische wie auch praktische Übungseinheiten unterteilt. In der Theorie geht es um die Grundlagen des Vorgehens, mögliche Verhaltensweisen und Reaktionen der Tiere, die Absprachen mit Tierarzt und Besitzer sowie um die grundlegenden Informationen zu den Ausrüstungsgegenständen. In der Praxis wird der „trockene“ Aufbau des Vierbeins geübt, sowie anhand von lebensgroßen „Tierattrappen“ aus Kunststoff, die wir beispielsweise von einer Metzgerei zur Verfügung gestellt bekommen, das Anlegen des Hebegeschirrs und die Befestigung der Brust- und Hüftgurte. Je nach Übungsthema ist dabei auch immer wieder ein Tierarzt mit dabei. Bei Einsätzen versuchen wir auch so weit wie möglich, noch unerfahrenere Kameraden Schritt für Schritt in das Vorgehen und die Rettungstechnik einzuweisen.

Wo waren wir schon überall im Einsatz?

Die Palette unserer Großtierrettungen ist breit gefächert. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Pferde, es gab aber auch schon Einsätze mit Kühen und dergleichen. Es beginnt mit Tieren, die geschwächt in ihren Boxen oder auf der Weide nicht mehr aus eigener Kraft aufstehen können, geht über Tiere, die in Ställen durch Spaltenböden gebrochen sind, bis hin zu entlaufenen Tieren, die sich – liegend oder feststeckend – in Bächen, Weihern, in Güllegruben, oder im Morast befinden bis hin zu „Exoten“, die am Ende ihres Ausflugs in Swimmingpools oder Baugruben landen. Ebenso möglich ist der Einsatz des Tierhebegerätes natürlich auch bei im Straßenverkehr verunglückten Tiertransportern, wenn es darum geht, die Tiere aus den Ladeboxen zu heben. Mehrheitlich kommen wir dabei verunglückten oder erkrankten Pferden zur Hilfe. Aber auch Kälber, Kühe und Stiere waren bereits auf die Hilfe des Tierhebegerätes angewiesen.

Einige Einsatzbeispiele